Gebäudetyp: Wohnen + Arbeiten , Kultur / Freizeit / Kunst , Gärten + Parks
Touristische Regionen: Landkreis Osterholz
Adresse:
Straße: Lindenallee 13
PLZ: 27726
Ort: Worpswede
1926 baute der Schriftsteller und erste Gästeführer Worpswedes, Edwin Koenemann (1883-1960), in einem Waldgrundstück an der Lindenallee ein Rundhaus, das seiner Lebensgefährtin Grete Barleben gehörte. Das Gebäude, das wegen seiner ungewöhnlichen Iglu-Form Aufsehen erregte, erhielt von den Worpswedern den Namen „Käseglocke”. Koenemann gab an, auch in der noch erhaltenen Baugenehmigung, dass die Hausform von ihm erdacht und das Ergebnis vieler vorangegangener Pläne und Überlegungen sei. Ein Fall für das Urheberrecht. Die Entwurfsidee geht zurück auf ein Rundhaus, das Bruno Taut in seiner Zeitschrift „Frühlicht” Winter 1921/22 als Einzelwohnhaus veröffentlicht hatte. Dazu schreibt Dr. Wolfgang Saal in seinem Aufsatz „Dorfbild und Künstlerarchitektur” in: Worpswede 1889-1989/Hundert Jahre Künstlerkolonie:
„Viele Pläne und Entwürfe Bruno Tauts, so auch dieses Rundhaus, wurden nie realisiert und zählen als Projekte heute sowohl zur phantastischen als auch zur expressionistischen Architektur. Gerade deshalb ist der von Koenemann errichtete Rundbau bemerkenswert, der als selbstbewußtes Experiment eines Künstlers mit einer neuen Wohn- und Arbeitsform zu verstehen ist. Nicht zuletzt ist der Rundling auch eine internationale Bauform, der nichts mit den ihn umgebenden lokalen und regionalen Bauten auf dem Weyerberg gemein hat, was seinen Reiz des Besonderen ausmacht.” ...
Denkmalgeschützt ist nicht nur das Haus selbst, sondern ebenfalls die gemauerte Hofanlage von 1930, eine Stützmauer gegen das leicht ansteigende Gelände mit expressionistisch-skurrilen Formen und Ausbauten. Baumaterial waren verschmolzene und verformte Fehlbrände, Klinker, die von den Ziegeleien kostenlos abgegeben wurden. Im 19. Jahrhundert bauten sich aus diesem Material die Worpsweder in ihren Gärten und Vorgärten „Grotten” nach den Vorbildern englischer Gartenkunst des 17. Jahrhunderts. Diese „lokale Vorgabe” griffen sowohl Hoetger als auch Koenemann etwa zur selben Zeit für die Gestaltung ihrer Architektur und Belebung des Mauerwerks auf. Koenemann fügte noch Kieselsteine, Keramik-Bruchstücke und Schmelzglasbrocken ein, Abfälle aus den damals im Teufelsmoor existierenden Glashütten.
Die Terrassenmauer mit einer Grotte (Blinddarm), einem erhöhten Sitzplatz (Gralsburg) und eingearbeiteten Schalen und Kästen für Bepflanzung, .... ist noch weitgehend erhalten und wird als nächster Bauabschnitt restauriert, zerstörte Teile werden nach alten Fotos rekonstruiert. Ebenso wurde der innerhalb der Wagenkehre vor der Käseglocke von Koenemann aufgestellte „Aussichtsturm” wieder instand gesetzt. Er ist das einzige Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg, das hier in Worpswede die Zeit überdauert hat – eine Eisenkonstruktion von den Flak-Stellungen auf dem Weyerberg.
Architekt: Erwin Koenemann nach einer Idee von Bruno Taut
Fotos: Christian Burmester